Keychron K2

Ein neues Hackbrett fürs (Home-)Office

26. Februar 2023 | #linux #tastatur #keychron

Jetzt hat Desksharing auch bei meinem Arbeitgeber Einzug gehalten und ich muss mir jedesmal einen Schreibtisch buchen, bevor ich bewaffnet mit Notebook, Maus und Tastatur ins Büro stapfe. Fürs Nötigste gibt es natürlich einen Spind, aber eine Tastatur passt nur diagonal ins 30×30×30 cm³ große Fach und belegt damit ziemlich viel Platz.

Damit sie auch mal in den Rucksack passt, wäre eine besonders kompakte Tastatur hübsch, beispielsweise ohne den Ziffernblock (das Eintippen von Zahlenkolonnen erfolgt dann an der vollständigen Tastatur des 17″-Notebooks oder eben zu Hause) und gerne kabellos. Geizhals listet für diese Anforderungen unglaubliche 206 Modelle.

Kleine Zusatzanforderung: Seit einigen Jahren verrichtet zu Hause eine mechanische Cherry-Tastatur mit taktilen Switches zuverlässig und dezent klackernd ihren Dienst (das alte MX Board 3.0). Soweit so gut, aber die Rubberdome-Büro-Tastatur ist das direkte Gegenteil mit hoher Auslösekraft und kurzem Hubweg. Also soll es auch zukünftig eine mechanische Tastatur mit der Charakteristik brauner Cherry-Schalter sein. Bleiben immerhin noch gut zwanzig Modelle und eine prima Gelegenheit, sich tief in einen Kaninchenbau zu stürzen.

Keychron K2 – der erste Eindruck

Um das Wichtigste vorwegzunehmen: meine Wahl fiel auf die Keychron K2. Die ist kompakt gebaut ohne Ziffernblock und Zwischenräume, bietet aber trotzdem die F1- bis F12 Tasten, deutsches Layout und hat Bluetooth, kann also ohne USB-Dongles mit bis zu drei Geräten gekoppelt werden.

Der erste Eindruck ist wirklich top, ich hab mich für die Variante mit Aluminium-Rahmen entschieden, die beinahe 800 Gramm auf die Waage bringt. Alle Tasten geben ein sattes Feedback, nichts klappert und die glatten Tastenkappen vermitteln ein langlebiges Gefühl, da sie nicht künstlich aufgeraut sind (also hoffentlich auch nicht den hässlichen Glanz herkömmlicher Tastaturen entwickeln).

Apropos Keycaps: vormontiert ist die K2 im Mac-Stil, es liegen aber Kappen für Windows-, Alt-, AltGr- und die anderen abweichenden Tasten bei. Und wem die roten Esc- und Beleuchtungs­tasten zu verspielt sind, kann sie einfach durch graue austauschen. Das benötigte Werkzeug ist ebenfalls in der Packung enthalten.

Nicht gebraucht hätte ich die RGB-Hintergrund­beleuchtung, die sieht aber je nach Einstellung recht dezent und weit weniger nach Zocker­höhle aus als befürchtet. Schwächlich hingegen ist die Akkulaufzeit: schon nach wenigen Tagen muss nachgeladen werden – da das USB-C-Kabel aber eh im Büro­rucksack schlummert, tut das nicht groß weh.

Ärgerlich hingegen sind Interferenzen mit meiner Bluetooth-Maus (Logitech MX Master 3) – als Workaround ist die Maus jetzt eben per Unifying-USB-Receiver am Rechner, seit dem kommen Tastenanschläge wieder ohne Verzögerung an und auch der Maus­zeiger hakelt nicht.

Nennenswerte Alternativen

Folgende Alternativen hatte ich bei der Recherche zumindest vorübergehend ins Auge gefasst:

  • In der Cherry Stream-Reihe gibt es eine Wireless-Variante (allerdings nur full-size mit Ziffernblock) und eine kleinere TKL-Variante (allerdings nicht kabellos) – eine Mischung aus beidem wäre eine preiswerte Lösung gewesen, bei der ich auch das gewöhnungsbedürftige Schreibgefühl und die schnell abnutzenden Tastenkappen in Kauf genommen hätte.
  • Die Logitech K360 baut trotz Ziffernblock recht kompakt und ist ziemlich günstig. Mir fehlen aber die die Pos1-/Ende-/Bild-Auf- und -Ab-Tasten in direkter Nähe zu den Pfeiltasten.
  • Das Lenovo TrackPoint Keyboard 2 will eine hochwertige Thinkpad-Tastatur mit Bluetooth und kleinem Form­faktor auf den Schreibtisch bringen. Gegenüber der Keychron spart man beim Kauf aber kein Geld und muss dafür auf die bequeme Austauschbarkeit der einzelnen Komponenten verzichten.

Linux : F1 bis F12 verwenden

Da kauft man sich extra ein Hackbrett mit F-Tasten und muss dann doch jedesmal die Fn-Taste mitdrücken. So hatte ich mir das nicht vorgestellt!

Schnelle Abhilfe schafft der MacOS-Modus, der an der Seite per Schiebeknopf aktiviert werden kann. Dieser bringt aber wieder ganz andere Eigenheiten mit sich, so wird etwa die AltGr-Taste als gewöhnliche Alt-Taste interpretiert und Shortcuts, die auf der Windows-Taste beruhen, funktionieren überhaupt nicht. Wer also nicht auf einem Apple-Rechner sozialisiert wurde, wird hier nicht glücklich.

Also wieder den Schiebe-Regler auf Windows/Android stellen und ein Terminal öffnen. Mit dem Befehl sudo echo 0 > /sys/module/hid_apple/parameters/fnmode wird der fnmode aktiviert, unter welchem die F-Tasten wie gewohnt verwendet werden können. Dies wirkt allerdings nur bis zum nächsten System­start. Um das Verhalten nachhaltig anzupassen, bieten sich folgende Befehlszeilen an:

$ echo "options hid_apple fnmode=0" | sudo tee /etc/modprobe.d/hid_apple.conf
$ sudo update-initramfs -c -k all 

Quelle

Großraumbüro­tauglichkeit verbessern

Switches austauschen: Leise aber taktil

Zugegeben, es gibt lautere Tastaturen bzw. Switches, aber als Sitznachbar im Büro wäre ich trotzdem genervt vom Geklacker des Kollegen. Zum Glück gibt es einen riesigen Nischen­markt für Tastatur­zubehör und so sind auch ausdrücklich leise Switches erhältlich. Eine gute Quelle für Informationen und Meinungen ist r/MechanicalKeyboards/, denn der Markt ist schier unüberblickbar.

Wer sich bisher ebenfalls mit Cherry Brown am wohlsten fühlt, mag sich für folgende leise Alternativen interessieren:

  • Gazzew U4 RGB Silent Tactile
  • Kailh Silent Brown
  • Kailh Pro Purple (5g mehr Auslösekraft und etwas kürzerer Auslöseweg als die braune Variante)

Ich hab mich für die Kailh Silent Brown entschieden, weil sie vergleichsweise günstig sind. Trotzdem habe ich als alter Sparfuchs nur ein Minimum bestellt und beispielsweise die F-Tasten sowie Capslock unverändert gelassen.

Links neu, rechts alt. Die braunen Kailh-Switches sind deutlich leiser als die ebenfalls hochwertigen vormontierten Gateron-Switches. Die Tastenkappen passen übrigens trotz des zusätzlichen Zylinders um die kreuzförmige Schnittstelle.

Achja: der Plug&Play-Austausch der Switches funktioniert natürlich nur, wenn man eine Hot-Swappable-Tastatur gekauft hat. Ansonsten sind Löt-Skills und etwas Geduld gefragt.

Mods

Ein ganz anderer Kosmos betrifft Tastatur­modifikationen. Je tiefer man ins Thema einsteigt, desto deutlicher merkt man jedoch, dass hier Liebhaberei und Subjektivität eine große Rolle spielen – eher nichts für Pragmatiker also.

Recht lebensnah ist noch der sogenannte Foam Mod bei dem der Hohlraum unter der Platine mit Schaumstoff ausgefüllt wird, um hörbare Eigen­schwingungen abzudämpfen. Mit den Original-Switches ist der Unterschied vermutlich noch etwas drastischer, aber auch mit meinem leisen Switches bilde ich mir einen hörbaren Unterschied ein.

Bei der Aktion habe ich übrigens festgestellt, dass die tatsächlichen Schrauben­positionen vom Disassembly Guide abweichen:

Foto von der Kechron K2: einige Tastenkappen sind demontiert und geben den Blick frei auf die darunter liegenden Schrauben.

Um ans Innere zu kommen, müssen mindestens diese Tastenkappen abgenommen und die darunter liegenden Schrauben entfernt werden.

Was die Switches angeht scheue ich zur Zeit noch den Aufwand, bin aber doch versucht, die Kailh-Schalter zu schmieren (Geeks sprechen von lubing), da sie sich im Vergleich zu den vormontierten Gateron-Switches etwas kratzig anfühlen. Andererseits soll beim Schmieren von taktilen Switches Vorsicht geboten sein, da zu viel Schlonz die Haptik wiederum negativ beeinträchtigt.

Noch tiefer reinnerden?

So oder so habe ich jetzt schon zu viel Zeit mit meinem neuen Eingabegerät verbracht – andererseits eignet sich die dunkle Jahreszeit ja ausgezeichnet, um sich in neue Hobbys reinzufuchsen. Wer noch nicht genug hat, findet hier noch weiteren Stoff:


Titelfoto von Amjith S auf Unsplash