Schon seit längerem trug ich den Wunsch mit mir herum, ein älteres Motorrad in die Garage zu stellen und auf Vordermann zu bringen. Zum einen aus technischem Interesse, zum anderen an der schieren Freude daran, altem Metall ein zweites Leben einzuhauchen.
Ins Auge gefasst hatte ich auf jeden Fall eine japanische Maschine, irgendwo zwischen 1970 und 1989. Am besten ein oder zwei Zylinder, vielleicht eine XL 500 (die ist etwas preiswerter als die begehrte XT 500) oder sogar eine Africa Twin.
Eine neue, alte Yamaha XJ650
Am Ende ging alles viel schneller als gedacht und es wurde deutlich straßen-orientierter: Ein paar Dörfer weiter stand nämlich eine Yamaha XJ650 zum Verkauf. Ein echtes Eisenschwein mit vier Zylindern, doppelter Auspuffanlage, Kardanantrieb und immerhin 230 kg Kampfgewicht – das sind 50 Kilo mehr als die SV650, mit der ich bis dato unterwegs bin. Aber: preiswert, gute Ersatzteilverfügbarkeit, optisch noch dicht am 70er-Jahre-Schick und auch für heutige Maßstäbe noch völlig alltagstauglich.
Gekauft wurde dann aber nicht besagte Schüssel sondern die eines Kumpels, den ich eigentlich nur als sachkundigen XJ-Fahrer vorab befragen wollte. Seine XJ stand nämlich schon länger mehr oder weniger ungenutzt herum und so tüteten wir in der Weihnachtssaison den Kauf ein.
Es handelt sich nicht um ein gelecktes Sonntagsmoped, sondern um ein Alltagswerkzeug, dem man 42 Jahre und über 100.000 km Laufleistung durchaus ansieht. Der besagte Vierzylinder hat aufgrund seines ruhigen Laufs und hoher Standfestigkeit aber einen ausgezeichneten Ruf und die übrigen Verschleißteile sind ebenfalls in gutem Zustand. Eine ideale Basis also, um sich mit der alten Technik zu beschäftigen, ohne gleich vor unlösbaren Problemen zu stehen.
Inzwischen hat die Maschine ein wenig Liebe erfahren und durfte auch schon wieder die Straße unter die Räder nehmen. Ich will den Fortschritt hier nach und nach festhalten:
Neue Auspuffanlage
Der einzige echte Mangel der XJ650 war eine durchgerostete Auspuffanlage. Bei Yamaha sah man zwar einen schicken Chrom-Überzug über die gesamte Anlage vor, aber es gibt prädestinierte Roststellen, an denen fast jede XJ früher oder später kräftig gammelt.
Vier okaye Krümmer erbeutete ich für kleines Geld auf Ebay Kleinanzeigen. Die waren zwar ebenfalls schon mit Rostpickelchen überzogen, aber von Lochfraß war noch keine Spur. Mit feiner Stahlwolle ließ sich der Rost beseitigen, anschließend polierte ich mit Wachs und Nevr Dull. Das Ergebnis sieht ordentlich aus und die Wartezeit für den neuen Sammler samt Endtöpfen war gut überbrückt.
Hier musste ich allerdings auf Neuware zurückgreifen: Gebrauchte Originalanlagen sind nämlich erstens selten und zweitens fast immer in ähnlich erbärmlichem Zustand. Es gibt zwar diverse preiswerte 4-in-1-Anlagen, die haben allerdings den Ruf, für ein tiefes Drehmomentloch im mittleren Drehzahlbereich zu sorgen.
Letztlich biss ich in den sauren Apfel und orderte eine Komplettanlage (Sammler und beide Endtöpfe), Marving „Master“, für rund 500 Euro. Etwas günstiger wäre es per Direkt-Import aus Italien geworden (z.B. über M4Tuning), hierfür reichte meine Risikofreude aber nicht aus. Der Kauf bei MGH hat ein paar Euro mehr gekostet, dafür waren die Teile schnell da und konnten sogar per Nachnahme bezahlt werden.
Der Zusammenbau war dann etwas schwieriger als gedacht, weil die Biegung meiner Krümmerrohre nicht recht passte. Mit vereinten Kräften und sanfter Gewalt ließen sie sich jedoch zurück auf Kurs bringen und der Anbau der Auspuffanlage selbst war dann nahezu Plug-and-Play. Einzige Besonderheit der Marving-Anlage war, dass sich die Original-Verschraubung nicht wiederverwenden ließ. Stattdessen hängen die Endtöpfe nun mit an den Schrauben für die Soziafußrasten, auch kein Problem.
Nächste Baustellen
Mit der neuen Auspuffanlage sollte einer neuen TÜV-Plakette nichts mehr im Wege stehen. Bis dahin werde ich noch einen größeren Service durchführen und ein neuer Original-Sitzbankbezug liegt auch schon in der Garage.
Fürs Erste will ich mich aber aufs Fahren konzentrieren und den Sommer über überlegen, was ich noch angehen will bzw. an welcher Stelle die Patina bleiben darf. 🙂